Operation Ore

Aus Falschbeschuldigung
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Operation Ore ist eine große Polizei­operation, die 1999 in den USA begann und viele Zehntausende von angeblichen Konsumenten von Kinder­pornographie betraf.

Jagd auf Unschuldige

Es hat sich im April/Mai 2007 endgültig herausgestellt, dass sie alle - oder fast alle - Opfer von Ringen von Kreditkartenbetrügern wurden. Sie wurden angeklagt und zum Teil auch verurteilt aufgrund von völlig unzureichenden Anhalts­punkten (ihre Kredit­karten­daten waren benutzt worden, um bestimmte Sites zu besuchen, unter denen auch Kinderporno-Sites gewesen sein sollen). Obwohl jetzt aufgrund der zähen Arbeit des britischen Journalisten und Computer-Spezialisten Duncan Campbell erwiesen ist, sie dürften (fast) alle unschuldig gewesen sein, negiert die Polizei weiterhin die Rehabilitation der Verdächtigen, die zu Opfern wurden. Aber, was das Unglaubliche ist: Nicht eines unserer Massenmedien in Deutschland berichtet über diesen Skandal. Auch in Großbritannien gibt es wenig öffentliche Information, wo es allein 39 Selbstmorde von Angeklagten gab.

Massenmedien schweigen

Auch wenn in Deutschland dieser unglaubliche Fall von Verfolgung Unschuldiger völlig von den Massenmedien unter den Teppich gekehrt wird, zeigt er doch exemplarisch, welche absurden Blüten die "Kinderporno"-Hysterie zu treiben vermag. 7272 Briten und mehr als 1400 Deutsche wurden 2002/2003 und später völlig unschuldig der Kinderporno-Herstellung bzw. des Zusammenhangs mit einem Internet-Kinderporno-Ring verdächtigt und öffentlich angeschwärzt. Der Kinderporno-Vorwurf wird zum Ersatz der mittel­alterlichen Hexenjagd.

Ein Bezahlsystem unter Verdacht

Die ganze Aktion, in den USA genannt "Operation Avalanche", in Großbritannien "Operation Ore", in Deutschland "Operation Pecunia" oder "Aktion Pecunia" begann 1999. In den USA hatte das FBI einen Hinweis auf Kinderporno-Sites im Internet bekommen und begann zu ermitteln. Man wurde dann auch schnell fündig. Es gab einen Zugangsschlüssel-Verkäufer für Internet-Sites, davon viele Porno-Seiten, mit dem Namen "Landslide", dessen Besitzer ein gewisser Thomas Reedy war. Angeblich waren unter den vielen Websites und Porno-Sites, die über seine Eingangsseite unter der Bezeichnung "Keyz" liefen (das ist eine Verballhornung von keys, also Schlüssel; man kaufte dort Schlüssel zum Zugang zu anderen Websites), auch Kinderporno-Seiten oder jedenfalls die Ankündigung von solchen. Eigentlich war das von der Firma "Landslide" im Internet angebotene "Keyz"-System eine Zahl- und Zugangsstelle für andere Websites (einschließlich einer Altersprüfung in bestimmten Fällen; die Alters­prüfung findet in den USA durch die Kreditkarten statt, die üblicherweise nur Erwachsenen haben). Es wurden über diese Zahl- und Zugangs­stelle so viele Websites angelaufen, die eine Bezahlung zum Zugang verlangten, dass Reedy völlig die Übersicht verloren hatte, welche Sites das waren. In seinem Prozess konnte er glaubhaft versichern, er hatte nicht die geringste Ahnung, ob da eventuell auch Sites mit Kinderpornographie dabei waren. Das nahm man ihm allerdings nicht ab und er wurde verurteilt. Das FBI erwirkte einen Durchsuchungsbefehl und beschlagnahmte die "Keyz"-Computer. Dort fand man die Nummern und Namen der Kreditkartenbesitzer, die sich Zugang zu Seiten bei "Landslide" erkauft hatten. Auf richterliche Anordnung mussten die Kreditkartenorganisationen die Daten (Adressen usw.) der dazugehörigen Kartenbesitzer herausrücken. Es handelte sich weltweit um etwa 250.000 und allein in den USA um etwa 35.000 Personen, die so in den Verdacht gerieten, etwas mit Kinderpornographie zu tun zu haben. In Großbritannien waren es 7272, in Deutschland über 1400 Personen, in der Schweiz erhielt die Operation den Namen "Genesis" und betraf ebenfalls Hunderte von Verdächtigen. Offenbar sind auch andere Länder betroffen, aber darüber liegen keine Informationen vor.

Die Lüge eines Polizisten

Es war eine Mitteilung zusammen mit den anderen Dokumenten von den USA in die anderen Länder geschickt worden mit dem Inhalt: Auf der Startsite von "Landslide" bzw. "Keyz" habe es einen Knopf zum Klicken gegeben, der eindeutig als "Kinder-Pornographie" gekennzeichnet war. Alle, die gezahlt hätten, mussten diesen Knopf angeklickt haben. Damit, so die britische (und wahrscheinlich auch bundes­republikanische) Polizei, sei ihre Schuld bewiesen, auch wenn man kein Kinderporno auf den Computern findet. Später (2005) stellte sich heraus, diese Behauptung stimmte nicht. Sie stammte aus der Aussage eines Polizisten, der mit Untersuchungen betraut war, eines gewissen Steve Nelson und wurde später widerrufen. Der Zugang zu "Landslide" oder "Keyz" hatte in Wirklichkeit zunächst nichts mit Kinder­pornographie zu tun, wenn auch innerhalb dieses Netzwerks tatsächlich Kinder­pornographie angetroffen wurden sein soll.

Technik

Duncan Campbell[wp], ein englischer Journalist und Computer-Experte, der jahrelang Aufklärungs- und Recherche­arbeit in diesen Fall gesteckt hat und der im Jahr 2006 Zugang zu Kopien der Original-Festplatten des "Keyz"-Netzwerks erhalten hat, beschreibt den Zusammenhang folgendermassen:
Wenn man auf die Startseite von "Keyz" kam, war nicht der geringste Hinweis auf Kinderporno zu finden. Ging man dann auf eine bestimmte (von zig) Unterseiten, tauchten unten auf der Site sogenannte Fremdanzeigen auf, die ständig wechselten. Zu bestimmten Zeitpunkten konnte jemand, der auf diese Untersite gestoßen war, dort den Hinweis finden: "Hier klicken für Kinderporno". Die entsprechenden Seiten, die dort verlinkt waren (eventell auch nur eine) gab es zum Zeitpunkt der Untersuchungen 2006 nicht mehr.

Polizei ermittelt falsch

Hätten die Ermittler in den USA damals direkt diese forensischen Untersuchungen vorgenommen, wären sie wahrscheinlich noch auf die tatsächlichen Kinderpornoseiten gestoßen oder eventuell auch auf "Fake"-Seiten (die also nur abkassieren, aber gar nichts zeigen). Es gibt keinerlei Belege, dass die eigentlichen Hersteller der Kinderpornos auf diesen Seiten je zur Rechenschaft gezogen wurden, sofern da wirklich Kinderporno zu sehen war. In den USA wurden denn auch von den 35.000 Betroffenen lediglich etwa 100 tatsächlich verurteilt, weil man zusätzliche Beweise gefunden hatte, z.B. Kinderporno im Computer. Nicht so in Großbritannien. Scotland Yard gab sich mit der genannten Mitteilung zufrieden und klagte alle des Konsums von Kinderpornographie an, deren Kredit­karten-Nummer von den US-Behörden übermittelt worden waren. Es hätte ausgereicht, die Computer von einem Fachmann untersuchen zu lassen, wie das nun erst im Jahre 2006 geschah. Der hätte sofort (und hat dann auch 2006/Anfang 2007) die Spuren der Fälscher gefunden. Die Kredit­karten­überweisungen wurden nämlich nicht von einzelnen Websites, eine nach der Anderen, gemacht, sondern pulkweise von nur wenigen Sites. Die Ergebnisse der forensichen Untersuchungen der sechs Festplatten von "Keyz" liegen seit Anfang 2007 vor und wurden im wesentlichen im April und Mai 2007 veröffentlicht. Die britischen (und wohl auch deutschen) Behörden forderten aber gar nicht Kopien der Original-Computer-Festplatten zur forensischen Untersuchung an. Ebensowenig wurde Steve Nelson als Zeuge einvernommen. So wurden Tausende von Personen völlig unschuldig des Konsums von Kinderporno angeklagt, aufgrund einer schriftlich übermittelten nicht überprüften Aussage eines Polizisten, der niemals in Großbritannien, der Schweiz oder der Bundesrepublik aussagte. Immer nach dem Motto: "Großer Bruder von jenseits des Atlantiks befiehl, wir folgen". Die Verfolgungen, Festnahmen, Durchsuchungen usw. in Europa begannen 2002/2003 und zogen sich bis vor kurzem hin. Ein Teil der Fälle ist bis heute noch nicht zu den Akten gelegt.

In der Folge der Hausdurchsuchungen und Beschlagnahme von Hunderttausenden von Festplatten, CDs, DVDs, Disketten und anderen Datenträgern waren in den betroffenen Ländern für Jahre wesentliche Teile der Ermittlungskapazitäten der Polizeiapparate lahmgelegt, weil all dies Material auf Kinderpornos durchsucht werden musste. Es kann nur vermutet werden, wieviele ernsthafte Verbrechen ungesühnt blieben, weil man hinter vermeintlichen Kinderporno-Konsumenten her war. Man lese nur, welch schwerwiegender Polizei-Fehler inzwischen bereits Teil einer Enzyklopädie, dem englischen "Wikipedia" ist:

(Übersetzung) "... viele der Leute, die für den Zugang zu Kinderporno-Sites zahlten, verwendeten gestohlene Kreditkarten-Informationen und die Polizei nahm die wirklichen Kredit­karten­besitzer fest und nicht jene, die wirklich Kinderporno sahen. Außerdem wurden Tausende von Abbuchungen auf Kreditkarten gemacht, wo es überhaupt keinen Zugang zu Kinderporno-Sites gab oder nur Zugang zu Schein-Sites ohne Inhalt. Als die Polizei am Ende zusammenzählte, fanden sie 54348 Fälle von gestohlenen Kredit­karten-Informationen in der "Landslide"- Daten-Basis. Die britische Polizei gab diese Information aber nicht an die Verteidiger der Verdächtigen weiter, einige Polizisten behaupteten sogar, sie hätten nach Anzeichen von Kredit­karten­betrug gesucht, aber nichts gefunden, obwohl eine solche Suche gar nicht stattgefunden hatte."

39 Selbstmorde in Großbritanien

Es wird deutlich, was in England wirklich geschah: Anfänglich sonnte sich die Polizei in der positiven Öffentlichkeit, die sie gewann, als sie scheinbar Tausende von "abscheulichen Kinder­schänder-Nestern" aushob. Ab dann war es nur noch der Versuch, die wirklichen Tatsachen unter dem Teppich zu halten und die anfänglich gemachten schwerwiegenden Fehler zu rechtfertigen und zu vertuschen. Dazu wurde gedreht, gefälscht und gelogen. Man entschied sich, die einmal erfundene Geschichte weiterhin zu unterstützen, auch wenn dafür alle Regeln der korrekten Polizeiarbeit missachtet werden mussten. Die Folgen waren tragisch. Es wurde das Leben vieler, vieler Menschen zerstört. "Im Vereinigten Königreich (Großbritannien) hat die Operation zu 7250 Verdächtigen geführt, 4283 Wohnungen wurden durchsucht, 3744 Personen wurden festgenommen, 1848 Personen wurden angeklagt, 1451 verurteilt, 493 sind auf Kaution in Freiheit, gegen 879 wird weiterhin ermittelt, 109 Kinder wurden aus vermuteten "gefährlichen Situationen" entfernt und mindestens 35 der angeklagten Personen begingen Selbstmord."[1]
Die Zahl der Selbstmorde, allein in Großbritannien, ist inzwischen auf 39 gestiegen. Wie viele sich in Deutschland umgebracht haben, konnte nicht in Erfahrung gebracht werden. In der Praxis sah das typischerweise so aus: Das Haus oder die Firma des Verdächtigen wurde von einer Heerschar von Polizisten heimgesucht. Der Presse und anderen Medien gab man bereitwillig Auskunft, wer und warum hier im Verdacht stehe. Innerhalb von kurzer Zeit wurde die Nachricht in alle Winde gestreut: "Der Herr X hat etwas mit Kinderporno im Internet zu tun!" Die Familie, Nachbarn, Freunde, Kunden, Bekannte, Arbeits­kollegen, Vorgesetzte, Richter in Scheidungs­prozessen (und Personen, die bekannte Persönlichkeiten kannten,), Geschäftspartner, Kunden, alle wussten, der Mann war mit einem Großaufgebot der Polizei wegen Kinderporno im Internet bedacht worden. Er musste also ein Schwerverbrecher sein. In fast allen Fällen wurde der Beschuldigte zumindest zeitweise ins Gefängnis gesteckt, was für die Öffentlichkeit den Eindruck schwerster Verbrechen noch verstärkte. Viele kamen nur durch Bezahlen einer Kaution frei, was immer bereits ein Anerkennen der Schuld beinhaltete und in der Regel nur bei Verbrechen, nicht bei Vergehen, angewandt wird. Angesichts der Tatsache, dass fast alle Menschen kaum jemand mehr verabscheuen als solche, die Kinder missbrauchen und daraus Vorteil mit Bildern im Internet schlagen, ist diejenige Person damit erledigt. Außer vielleicht Kindermord gibt es keinen vernichtenderen Verdacht als diesen. Es gibt kaum einen Bekannten mehr, kaum ein Familien­mitglied, kaum Freunde oder kaum Ehefrauen, die mit so einem Individuum noch etwas zu tun haben wollen.

Familien werden auseinandergerissen

Macht man sich klar, dass fast alle (oder sogar alle) Verdächtigen unschuldig waren und niemals Kinderporno im Netz angesehen haben, geschweige denn etwas mit der Herstellung solcher Pornofilme oder -bilder zu tun hatten, ist das schwerwiegend. Zwar gab es in vielen Fällen vereinzelte Ehefrauen, Freunde oder Bekannte, vor allem aber Mütter, die den verzweifelten Beteuerungen der Betroffenen Glauben schenkten, sie hätten nichts mit Kinderporno zu tun, aber fast alle wurden direkt in die Hölle befördert, wie die meisten von ihnen das beschrieben: Sie wurden entlassen, die Frauen ließen sich scheiden, Freunde kannten sie nicht mehr, jegliche sozialen Kontakte wurden fast unmöglich - aber am schwerwiegendsten war für die meisten, denen das geschah: Die Kinder wurden ihnen weggenommen. Dies betraf nicht nur die oben genannten 109 "Entfernungen von gefährdeten Kindern", sondern weit mehr, denn dazu kamen die Fälle, in denen die geschiedenen Ehefrauen, die natürlich die Kinder zugesprochen bekamen, mit dem Argument dieser Verdächtigung jegliches Besuchsrecht des Vaters verhindern konnten. Auch heute noch, nachdem bereits klar geworden ist, dass es sich praktisch ausschließlich um Unschuldige handelt, sind viele Väter völlig von ihren Kindern getrennt.

Folgen für Arbeitnehmer und Selbständige

Eine andere schwere Folge für einen Teil der Betroffenen war die öffentliche Blossstellung gegenüber Geschäfts­partnern ihrer Firmen. Wer wollte wohl noch mit verurteilten "Pädophilen" irgendeine Art von Geschäften machen? Es ist nicht bekannt, wieviele Unternehmen schließen mussten, aber auch der Verlust von allen Computern einschließlich der Backup-Kopien und damit von jeglicher Dokumentation führt regelmäßig in solchen Fällen schon zum Schließen der Firma.

Relation

Dagegen steht das, was den Tausenden von Verdächtigen (in Wirklichkeit Opfern) überhaupt vorgeworfen wurde, in keiner Relation. Es handelte sich ja nicht um den Vorwurf, Kinder missbraucht zu haben oder Fotos von Sex mit Kindern ins Internet gestellt zu haben, sondern um den weit weniger schweren Vorwurf, sich im Internet zur Verfügung stehende Bilder von Sex mit Kindern angesehen zu haben. Auf dieses Delikt (Konsum von Kinderporno) steht zum Beispiel in Deutschland maximal zwei Jahre Gefängnis in schweren Fällen, das entspricht dem Strafmaß von Sachbeschädigung. Bei einer Erstverurteilung heißt das in der Regel Geldstrafe oder Strafe auf Bewährung. Der Schaden, der den Verdächtigten entstand, wäre also auch dann nicht angemessen zum Vorwurf gewesen, wenn es sich tatsächlich um Konsumenten von Kinderpornos gehandelt hätte. Es ist möglich, dass sich unter den Verdächtigten auch wirklich solche Konsumenten befanden, aber das kann heute gar nicht mehr festgestellt werden - vor allem nicht, da es keinen Zugang für eventuell von Verteidigern beauftragten Sachverständige zu den sechs Original-Festplatten des "Keyz"-Netzwerks oder Kopien davon gibt.

Schuldsprüche

Warum, so wird man nun natürlich fragen, sind dann aber wirklich Viele verurteilt worden? Nun, in den USA wurden, sei es Zufall oder nicht, bei etwa 100 der 35.000 Betroffenen Kinderporno auf den Computern angetroffen, das sind also drei Promille der Verdächtigen. Dies hätte schon zu Vorsicht in den anderen Ländern führen müssen, denn es ist extrem unwahrscheinlich, dass 99,7 % derer, die Kinderporno im Internet kaufen, nichts davon auf ihren Computer herunterladen. Da hätte der Verdacht auf gestohlene Kreditkarten-Informationen schon automatisch kommen müssen. In Großbritannien wurden 1451 Personen verurteilt, das sind fast hundert Mal mehr im Verhältnis zu den 7250 Verdächtigen als im Vergleich in den USA. In den USA waren es 0,3 %, in GB 20%. Das hätte die Gerichtsbarkeit im UK schon aufmerksam werden lassen müssen, denn die US-Gerichtsbarkeit hat nicht im mindesten den Ruf, Kinderporno-Fälle lasch zu bestrafen, eher im Gegenteil. Gehen wir näher in die Verurteilungen in England, so stellt sich schnell heraus, fast alle beruhen auf einem "Deal", so wie auch jene von Pete Townshend. Das angelsächsische Recht kennt die Möglichkeit von "Deals", das bedeutet, gegen den Preis, sich schuldig zu bekennen, wird der Angeklagte nur zu einer geringen Strafe verurteilt (gering im Verhältnis zum ursprünglichen Vorwurf). Da in diesem Fall von Konsum von Kinderporno die möglichen Strafen sowieso schon niedrig waren, blieben teilweise nur noch symbolische Strafen übrig.

So erhielt zum Beispiel Pete Townshend, die berühmteste der Personen, die angeklagt waren, nur eine "Strenge Verwarnung", musste sich dafür aber schuldig bekennen und dies ist auch als strafrechtliche Verurteilung in den Akten. Ebenso ist er auf der öffentlich zugänglichen Liste der "Sex-Offender" (sexuelle Angreifer) geführt.

Faule ausreden der Polizei

Nun benutzt die Polizei, im April 2007 zu diesen neuen Entdeckungen über den Kredit­karten­schwindel im Fall befragt, diese Tatsache als Ausrede, um zu verhindern, sich entschuldigen und eigene Fehler zugeben zu müssen. Man höre die Antwort, die der leitende Polizist und Direktor des "Child Exploitation and Online Protection Centre" und wesentlicher Leiter der "Operation Ore" in England, Jim Gamble, dem BBC-Kanal 4 auf die Vorhaltungen bezüglich des polizeilichen Vorgehens sagte:

  • "Es handelt sich hier nicht um Kreditkarten-Fälschung (...) Der größte Teil der Verurteilten hat sich ... vor Gericht ... für schuldig erklärt."

Das ist, um es vorsichtig auszudrücken, infam.

Schmutzige Geschäfte der Staatsanwaltschaft

Sehen wir uns die Situation der 1451 verurteilten Peronen an (oder jedenfalls der überwältigenden Mehrheit von ihnen), als die Gerichtsverfahren eröffnet wurden: Fast alle hatten alles verloren, was ihnen lieb und teuer war, obwohl sie wussten, sie waren unschuldig. Soweit sie Polizisten waren, Richter, Lehrer oder Seelsorger (es war auch ein stellvertretender Schulleiter darunter), auch ihre Arbeit. Zu all dem drohte ihnen nun auch noch eine Gefängnisstrafe, denn die Verteidiger mussten ihnen mitteilen: Trotz der unakzeptablen Beweislage (die eigentlich niemals hätte zu einer Verurteilung führen dürfen, noch nicht einmal zu Haftbefehlen) würde angesichts der aufgewühlten öffentlichen Meinung und der allgemeinen öffentlichen Hysterie angesichts von Kinder­porno­fällen eine Verurteilung extrem wahrscheinlich sein. In dieser Situation wurde ihnen vom Staatsanwalt (der ja Verurteilungen vorweisen muss) der Deal angeboten: Wenn er sich des Delikts Konsum von Kinderporno schuldig erklärt, erhält er nur eine symbolische Strafe (wie Townshend) oder eine Bewährungsstrafe. So ging ein großer Teil von ihnen auf den "Deal" ein, was heute von den verantwortlichen Polizisten als Beweis für das Zutreffen der Anklagen gewertet wird. So wird ein System sich selbst erfüllender Prophezeiungen geschaffen, basiert auf der allgemeinen Kinderporno-Hysterie. Die "Organisation der Geschädigten von Operation Ore" nennt das moderne Hexenjagd.

Kreditkartenbetrug

Wie ging der Kreditkartenbetrug vor sich? Kriminelle Großorganisationen wie auch kleine Einzel­verbrecher beschaffen sich die Kredit­karten­nummern, Ablaufdaten, die dazugehörigen Namen und, wenn nötig, auch die zweistellige Nummer auf der Rückseite der Karte, die als Schutz gegen solchen Betrug gilt. Dazu gibt es verschiedene Methoden. Die damals meist verwendete ist das Hacken von Internet-Verkaufs­seiten, wo der Käufer alle diese Daten eingeben muss und wo sie der Hacker "abschöpft". Ein guter Hacker kann so Tausende von Datensätzen pro Tag erlangen. Eine andere Methode sind Lockvogel-Angebote zu unglaublich niedrigen Preisen im Internet, wo man die Datensätze gutgläubiger Käufer erlangt, das versprochene billige Gut aber natürlich nie den Käufer erreicht. Dieser letzte Fall war der Trick, mit dem man eine große Anzahl der britischen Angeklagten der Operation Ore um ihre Kredit­karten­informationen gebracht hatte. Es handelte sich in diesem Fall um eine in Florida beheimatete Website, die Luxusgüter wie zum Beispiel ganze Garten-Grills und ähnliches im Internet zu interessanten Preisen zum Verkauf anboten. Das erklärt, warum relativ viele gutsituierte Personen unter den Verdächtigen in Großbritannien waren. Der dritte und heute meist verwendete Schwindel, um an einen Satz kompletter Kredit­karten-Daten zu kommen, ist das heute als "Phishing" schon berühmte Verfahren. Man offeriert den Zugang zu einer großen Porno-Website (oder einer anderen Site mit vielen Interessenten) zu einem extrem geringen Preis, in der Anfangszeit meist ein Dollar, heute üblicherweise 1,99 Dollars. Man muss zum Bezahlen alle Karten- und persönlichen Daten eingeben (angeblich, um eine Alters­über­prüfung durchzuführen) und schon hat der Verbrecher einen kompletten Datensatz, den er selbst verwenden oder im Internet zum Verkauf anbieten kann. Diese Art von Kreditkartenschwindel wird "Carding" genannt. Die Daten wurden von Mitte der Neunziger Jahren an in internationalen Schwarz­märkten über das Internet zum Kauf angeboten. Es gab Websites mit nur Mitglieder­zutritt und auch Chat-Gruppen, wie "Carders market", "Dark market", "Talk Cash" und "The Vouchard", in denen ganze Wagen­ladungen solcher gestohlener Kredit­karten-Informationen angeboten und verkauft wurden. Die Preise reichten von 30 Dollar für eine einzelne, noch nicht kriminell verwendete VISA-Gold-Karte bis hin zu einem "Bulk" von 4000 gestohlenen American-Express-Karten-Daten zum Vorzugspreis von 10.000 Dollar, also gerade mal 2 Dollar 50 pro Stück.

"Carding" über "Fake"- oder wirkliche Porno-Sites ist der einfachste Weg, Millionen zu machen, denn es braucht nichts geliefert zu werden. Man kann aus entfernten Ländern arbeiten (so war die Website bei der letzhin von der deutschen Polizei verfolgten "Operation Mikado" auf den Philippinen gehostet). Man öffnet eine Porno-Site, eventuell auch einfach nur ein Titelblatt mit einem fetzigen Titel und benutzt nun die Kredit­karten-Daten, die man gephished oder gekauft hat, um Abbuchungen von den Konten der Kredit­karten­besitzer vorzunehmen. Daher kommen dann Zahlungen im Bulk statt eine nach der anderen von einzelnen Seiten. Üblicherweise werden kleinere Beträge von unter 50 Dollar im Einzelfall abgebucht. Man wiederholt diese Abbuchungen monatlich, so als ob der Kredit­karten­besitzer sich Zugang gekauft hätte mit monatlichen Zahlungen. Nur ein Teil der Kredit­karten­besitzer verlangen üblicherweise die Rückzahlung von ihren Kredit­karten­organisationen über die Bank, welche die Kreditkarte ausgestellt hat (was bei zurückliegenden Fällen extrem schwierig und arbeitsaufwendig ist, wie der Autor bestätigen kann, der selbst schon Opfer einer solchen Straftat geworden ist). Die meisten der Kreditkartenbesitzer bemerken diese Abbuchungen gar nicht oder können nicht herausfinden wie man Rückzahlungen bekommt.

Einzelnachweise

  1. Wikipedia: Operation Ore

Weblinks